OpenAI hat mit der Einführung einer neuen Shopping-Funktion große Erwartungen geweckt. Mal wieder (wie so oft in letzter Zeit) war von einem Gamechanger die Rede.
Als KI-Experte, der die Entwicklungen des Unternehmens meistens begeistert verfolgt, war ich bereits im Vorfeld skeptisch. Nach einem kurzen Praxistest, mit der Suche nach einem Wärmepumpentrockner, muss ich feststellen: Die Funktion verfehlt in ihrer aktuellen Form die Erwartungen und das etablierte Nutzerverhalten im E-Commerce.
🚧 Der Praxistest: Ein holpriger Start
Die Idee, die Suche durch KI-gestützte Vorabfragen zu präzisieren, ist grundsätzlich nicht schlecht (z.B. Preislimits bei €500, €700, €900+ oder Features wie WLAN, Schnelligkeit). Doch schon hier begann die Inkonsistenz:
- Flüchtige Kriterien: Beim ersten Test wurde mir „Energiesparsamkeit“ als wichtiges Feature zur Auswahl angeboten; beim zweiten Versuch war dieses Kriterium verschwunden und durch ein anderes ersetzt. Solche inkonsistenten Eingrenzungen untergraben das Vertrauen und erschweren die Vergleichbarkeit. Vor allem: Ist genau das ein Punkt den ich gerne mit drin gehabt hätte.
❓ Das „Guess-What“-Problem der Entscheidungsfindung
Der Prozess wird danach völlig unbrauchbar für den informationssuchenden Käufer. Der Assistent zeigt verschiedene Trockner nacheinander an und fragt: „Möchtest du mehr davon sehen oder nicht?“



Meine Reaktion als Kunde: WTF?
Ein Bild und ein Produktname allein liefern keine Grundlage für eine rationale Kaufentscheidung. Man ist gezwungen, willkürlich „Ja“ oder „Nein“ auszuwählen, um überhaupt zum nächsten Schritt zu gelangen. Dieses Vorgehen ignoriert die menschliche Psychologie beim Kauf von langlebigen Konsumgütern, die auf dem Abwägen von Spezifikationen beruht.
📊 Das Ergebnis: Gut gemeint, unbefriedigend umgesetzt
Am Ende liefert ChatGPT gut formulierte Vorschläge wie „Top Auswahl“, „Bester Allrounder“ oder „Preisbrecher“. Die Zusammenfassungen klingen zwar plausibel, aber sie hinterlassen ein ungutes Gefühl:
- Informationsunsicherheit: Stimmen die angegebenen Details wirklich?
- Transparenzdefizit: Habe ich die bestmögliche Auswahl und gibt es nicht doch ein günstigeres Angebot?

💡 Was der Nutzer wirklich will
Beim Nutzerverhalten bin ich überzeugt: Die etablierte Erwartungshaltung beim Online-Shopping ist eine transparente Vogelperspektive, die ChatGPT nicht liefert:
- Gesamtauswahl: Ich will durch alle verfügbaren Optionen scrollen können.
- Preistransparenz: Ich muss mir einen Überblick über die Preisspannen verschaffen können.
- Eigenständige Verifikation: Ich will mich dann gezielter in Produktdetails vertiefen und die Informationen eventuell bei anderen Händlern querchecken.
📉 Fazit: Braucht der Markt das?
OpenAI, ich bin fast immer begeistert von euren Innovationen, aber hier muss ich passen. Die Shopping-Funktion ist nicht zwingend schlecht, aber in dieser Form entbehrlich. Sie versucht, das etablierte und effiziente Modell der Vergleichsportale und E-Commerce-Plattformen zu revolutionieren, indem sie die Kontrolle und Transparenz vom Nutzer wegnimmt.
Ich bin hochgradig skeptisch, ob sich diese Funktion im harten Wettbewerb gegen die Bequemlichkeit von Amazon und die immer tiefer integrierten Produktvergleiche von Google durchsetzen wird. Die Zukunft des KI-gestützten Shoppings liegt in der Assistenz und Aggregation, nicht in der bevormundenden Vorauswahl.
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